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Warum ist Feuerlauf eine spirituelle Praxis?

von Sanne Straub am 01.04.2023 | 5-10 min lesen

Was haben Plüschdelfine mit Feuerlauf zu tun?

„Bitte nicht zu esoterisch“ war die Ansage einer Firma, die bei mir einen Feuerlauf gebucht hat zur Teamstärkung. Da gab es wohl mal einen Teamtag in der Firma, in dem Plüschdelfine verteilt wurden, was wahrscheinlich irgendwie die Toleranzgrenze des Teams überschritten hatte.. Ich habe der Firmenchefin versichert, dass ich beim Feuerlauf keine Plüschdelfine verteilen werde, dass das Ritual des Feuerlaufs aber im Ursprung eine spirituelle Praxis ist. Es war mir wichtig, dazu zu stehen, denn ich bin ein spiritueller Mensch und ich möchte in meiner Arbeit authentisch sein. Ich versichere, dass ich dabei bodenständig bleibe und betone, dass das Angebot freiwillig bleibt. Ich werde manchmal mit den Vorurteilen über solche Angebote konfrontiert. Sie seien esoterisch oder zu spirituell. Meistens kommen die Menschen zu mir, weil sie etwas Spirituelles suchen. Hier kommen die Chefs, weil sie dem Team ein besonderes Erlebnis schenken wollen. Vielen Menschen ist nicht klar, welche Kraft ein Ritual entfalten kann und dass es mehr als ein nettes Event ist. Aber dieses MEHR ist mir wichtig. Ich habe es oft genug erlebt: Die Menschen brauchen die Erfahrung und einen Raum, in dem sie sich und die Anderen mal anders und tiefer erfahren dürfen. Meine Aufgabe ist, Raum für Vertrauen und Sicherheit zu schaffen und oft gehen die Menschen unerwartet tief, weil sie intuitiv spüren, dass es da was zu lernen gibt, dass sie daran wachsen können… Dafür mache ich diese Arbeit: für funkelnde Augen, die erkannt haben, dass sie mehr sind und können, als sie bisher von sich geglaubt haben. Ich behaupte: Die meisten von uns haben eine große Sehnsucht nach Tiefe und nach Spiritualität. Aber dazu mehr später…

Esoterisch? Spirituell? Religiös? – Die feinen und klaren Unterschiede

Der Begriff Esoterik hat schon ganz schön gelitten und man kann diesen Begriff in seiner Ursprünglichkeit kaum noch verwenden, ohne auf Unverständnis zu treffen. Es halten sich hartnäckig Bilder wie: Esoterische Menschen haben komplett die Bodenhaftung verloren und schweben auf ihren fliegenden Glitzereinhörnern durch fantastische Welten. Manche von ihnen nutzen dann auch noch die Naivität anderer schamlos aus und verkaufen irgendwelche Wunderseminare, die das große Heil versprechen…Und das Verrückte ist, dass selbst da eine Wahrheit) drinsteckt… das kann Menschen in einer Tiefe erreichen. Für mich ist es am Ende eine Frage der Authentizität und nicht der Begrifflichkeit.

Ursprünglich ist Esoterik Wissen, welches nur einem kleinen Kreis zugänglich ist, der die Reife hat, mit dem Wissen umzugehen, also eine Art Geheimwissen. Der Duden definiert Esoterik als Grenzwissenschaft, die sich mit Dingen beschäftigt, die dem rationalen Denken nicht zugänglich sind. Gleichzeitig ist es eine weltanschauliche Strömung, die mit bestimmten Praktiken auf die Selbsterkenntnis und Selbsterfahrung des Menschen abzielt. Und schon klingt es nicht mehr ganz so abgehoben, oder?

Und wie ist das mit der Spiritualität? In der Tat kommt der Begriff Spiritualität aus dem Christentum. Doch hat sich der Begriff weit über das Christentum hinaus etabliert. Ich glaube, dass wir Menschen von Grund auf spirituelle Wesen sind und lange vor den Religionen spirituell waren, es war das natürlichste von der Welt. Es war selbstverständlich, dass es eine sichtbare und eine unsichtbare Wirklichkeit gibt, dass wir weit mehr als Körper sind, dass wir Natur sind, dass alles beseelt ist und alles mit allem verwandt. Und der Mensch war in der Lage, weit mehr wahrzunehmen, zu spüren, zu fühlen als wir es heute tun. Deshalb braucht es Räume, in denen wir wieder an unseren Ursprung erinnert werden und die ursprüngliche Art der Wahrnehmung wieder neu lernen.

Durch die Religionen kamen die Dogmen und es kam die Trennung. Wir haben uns die Erde untertan gemacht. Spiritualität beruht für mich auf Erfahrung jenseits von Konzepten und Dogmen. Es geht darum zu erkennen, dass wir mehr als Fleisch und Blut sind, dass wir Seele und Geist haben. Wir müssen sie auch gar nicht kennen, all die Konzepte über Energiekörper, Chakren, schamanische Welten etc… Es genügt, wenn ich wieder ins Spüren komme. Wenn ich zum Beispiel an einem Feuer stehe und nicht nur die Materie sehe, die durch Verbrennen umgewandelt wird. Ich spüre die Magie, die von einem Feuer ausgeht, ich spüre ein Kribbeln in mir, eine Aufregung, eine innere Gewissheit, dass das Feuer irgendwie lebendig ist und die Fähigkeit hat, mich zu spiegeln. Wenn wir das Feuer aufbauen und über uns die Bussarde kreisen, als wollten sie uns und den Platz segnen, das ist Magie. Wenn das Wetter den ganzen Tag schlecht war und auch der Wetterbericht Schlimmes prognostiziert hat, aber sich beim Feuerlauf die Wolken wegschieben und sich der Feuerteppich in den Sternen spiegelt. Das ist Magie. Das berührt. Da geht es tiefer, weiter…

Als spiritueller Mensch spüre ich die Verbundenheit mit allem, was lebt. In meiner Arbeit geht es mir darum, die Menschen wieder an diese Verbundenheit, an das „Wir sind ein Teil dessen“ zu erinnern. Wir können uns nicht weiter über die Natur erheben. Wir sehen, wohin das geführt hat. Wir haben die Verbindung verloren. Die Verbindung müssen wir wieder spüren lernen, auch durch Praktiken wie den Feuerlauf. Die Menschen sehnen sich nach Spiritualität, weil sie sich nach Verbindung sehnen und das traurige Gefühl des Getrenntseins hinter sich lassen wollen. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen wir uns wieder als spürende, empathische, verbundene Wesen erleben können.

Da sind wir auch schon mitten in der Frage, warum Feuerlauf eine spirituelle Praxis ist.

Wären wir Körper allein ohne Bewusstsein, ohne Seele, ohne Verbindung, ohne Geist…würden wir uns beim Überschreiten des Feuerteppichs die Füße verbrennen. Weil nun mal so heißes Feuer physikalisch zu heiß für unsere Füße ist. Gehe ich aber bewusst und ehrlich in die Verbindung mit meinen Ängsten, behindernden Glaubenssätzen und mit dem, was ich wirklich bin, wo meine Seele hinwill, was ich mir wünsche, wenn ich ins Spüren gehe, die Zeichen meines Körpers lesen lerne, dann weiß ich, wann ich den Feuerteppich überwinden kann, dann kann sich mein Körper über die Hitze erheben und unbeschadet über die Glut schreiten. Als spirituelle Menschen interessieren wir uns für das jenseits von Materie, das Unsichtbare im Sichtbaren. Wir erleben die Transformationskraft des Feuers, die mehr ist als Hitze, die Holz zu Asche umwandelt.

Feuerlauf ist auch mehr als eine Mutprobe, auch wenn ich dafür ganz schön viel Mut brauche. Feuerlauf ist auch mehr als ein Adrenalinkick, auch wenn ich am Tag danach schon auch mal einen Kater haben kann wegen all der Hormone, die dabei ausgeschüttet werden.

Du stehst vor dem Feuerteppich. Du bist ehrlich mit dir selbst. Du weißt, was du willst, wofür du gehen willst und du kannst spüren, ob du bereit bist. Deine Füße, dein Herz oder ein kribbeliges JA in deinem Kopf sagen dir, dass du gehen kannst und dass dir nichts passieren kann. Dass dein Anliegen stark genug ist, dass es mit der Stärke des Feuers mithalten kann. Du hast dein Ziel vor Augen, das, wo du hin willst am Ende des Glutteppichs. Du bist dir des Feuers und der Kraft bewusst. Du musst dir nichts vormachen, indem du dir sagst, dass du über feuchtes Moos* gehst. Du weißt: Feuer ist heiß…im Leben muss man manchmal durch was durch, muss Hindernisse überwinden, muss man die Angst an die Hand nehmen, um etwas zu verwirklichen…Feuerlauf ist eine spirituelle Praxis, weil es sich mit den großen Fragen dahinter beschäftigt, hinter dem Sichtbaren. Weil es Spirit und Seele erfordert. Weil es nicht mit Materie erklärbar ist.

*Kleiner Exkurs zum feuchten Moos: Manche Feuerlaufschulen in der westlichen Welt scheinen das Vertrauen verloren zu haben in die Kraft der Verbindung. Sie haben Angst, dass ihre Teilnehmer*innen nicht in der Lage sind, über Feuer zu gehen, ohne sich stark genug einzureden, dass es kein Feuer, sondern feuchtes Moos ist. Ich möchte diese Feuerlaufschulen nicht schlecht machen, denn auch dort machen manche Menschen positive und bahnbrechende Erfahrungen für ihr Leben. Es ist nur nicht mein Weg und auch nicht der Weg unserer Feuerlaufschule. Ich habe viele Male erfahren, dass die Menschen durchaus in der Lage sind, sich zu verbinden und der Wahrheit ins Auge zu schauen. Ich glaube auch, dass die Erfahrungen tiefer gehen können, wenn ich keinen Trick brauche, um übers Feuer zu gehen. Auch im Leben werden wir reicher, wenn wir der Wahrheit ins Auge schauen und sie nicht schönreden müssen, damit wie sie aushalten. Wir brauchen keine Tricks, wir dürfen wieder lernen, dass wir unserer Kraft, unserem inneren Feuer vertrauen dürfen.

Fazit

Feuerlauf war und ist eine spirituelle Praxis. Bei den Feuerläufen und in unserer Feuerlaufausbildung geht es um Erfahrungswissen. Es geht um Erfahrung ohne Tricks und doppelten Boden. Die Menschen dürfen erfahren, dass sie zu mehr fähig sind, als sie bisher gelernt haben. Wir zaubern nicht und doch üben wir, unsere Superkräfte zu nutzen, damit sie auch mehr und mehr Anwendung im Alltag finden.